Mein Gott das war ausführlich.Reinen Horror gibt es in Manga heute nur selten, das ist allermeistens mit irgendwas anderem verbunden: Comedy, Action usw. Hängt natürlich damit zusammen, dass man im Verlag möglichst große Absatzzahlen will, das geht mit purem Grusel nicht, ist nämlich ein Nischengenre. Daher hat man dann sowohl bei Mein Schulgeist Hanako als auch bei Mieruko-chan als auch bei Franken Fran den Horror-Stempel, obwohl alle drei Reihen sehr unterschiedlich sind. Und dann gibt's noch all den anderen tumben Quatsch, der mit Horror kokettiert, wie Hell's Paradise, Jujutsu Kaisen, Killing Morph, Princess Resurrection oder wie sie alle heißen.
Wenn man mal ein bisschen weggeht von Action hin zu Drama oder Thriller, sieht's schon ein wenig besser aus, da hat man dann so was wie Doubt oder As The Gods Will oder Dragon Head, und wenn man sich auch noch vom Schulhofsetting bzw. von Schülern als Charaktere verabschiedet, wird's sogar noch besser, dann trifft man auf Kasane, MPD Psycho oder gar Kurosagi Corpse Delivery Service.
Reinen japanischen Horror trifft man heute fast nur noch bei Junji Ito. Dieser hat sich seinen Stil bei seinem großen Vorbild Kazuo Umezu abgeschaut, bei dem sollte man auch mal reinschauen: Egmont bringt dieses Jahr Kurzgeschichten, in den USA gibt es ansonsten noch The Drifting Classroom und Cat-Eyed Boy, andere Werke muss man leider auf weniger legalen Wegen lesen. Ähnlich steht es um einen anderen Meister des traditionellen Horrors, Hideshi Hino: es wurde mal versucht, eine Anthologie zu veröffentlichen, die man letztendlich abbrechen musste, den Rest gibt's fast nur im japanischen Original. Einige wenige moderne Autoren greifen diesen Stil aber noch auf, unter anderem Masaaki Nakayama, von dem man hier z. B. Saat der Angst zu lesen bekommt, in den USA wiederum seine viel größere Anthologie PTSD Radio.
Klassische Grusel- und Horrorliteratur aus dem Westen mag Japan auch, darum gibt es auch Mangaumsetzungen klassischer Schauerromane wie Frankenstein (zuletzt von Junji Ito) oder Dracula (unter anderem in der Manga-Classics-Reihe) und als ganz besonderes Highlight die Umsetzung einer Reihe von H. P. Lovecrafts Werken durch Gou Tanabe.
Und natürlich darf ein SEHR japanisches (und sehr verstörendes) Genre nicht unerwähnt bleiben: Guro. Das hat nur am Rande was mit "gore" zu tun (jenes ist englisch und steht als Genrebezeichnung für blutiges Gemetzel), sondern das ist die japanische Verkürzung des Wortes "grotesk". Da seien für den Einstieg zwei bekannte Autoren genannt: Suehiro Maruo (Der Lachende Vampir, Midori), der das Groteske nutzt, um Geschichten zu erzählen, und Shintaro Kago (Parataxis, Dementia 21, ...), dem es mehr um die Darstellung des Grotesken geht. Muss man nicht mögen, einen Blick riskieren sollte man aber.
Ich glaube nicht, dass meine Antwort deiner würdig ist, dennoch versuche ich es erst einmal mit einem großen Dankeschön für die Mühe des Schreibens und die mehr als verständnisvolle Beschreibung.
Dass das Horrorgenre sehr Nischenhaft ist habe ich schon befürchtet, da ich dies beim wiederholten googlen bereits erfahren durfte. Die Hoffnung dennoch eine vernünftige Antwort zu erhalten war, wie man an deinem Text sieht, nicht vergebens. Frankenstein von Junji Ito ist bereits bestellt. Remina vorbestellt. Hier werden wohl zwei "Bücher" ankommen, die das Genre gut abdecken.
Da ich ein sehr großer Lovecraft Freund bin (ob bei Gesellschaftsabende mit Villen des Wahnsinns oder Death May Die, die Kurzgeschichten und Briefe, oder einfach einmal ein paar Youtube Videos) ist dein Tipp mit "Gou Tanabe" Gold wert. Hier werde ich mich einmal schlau machen und mir "Cthulus Ruf" bestellen.
Das Genre Guro werde ich mir einmal ansehen. Die kleinen Trashperlen wie "Tokyo Gore Police", "The Machine Girl" oder auch "Meatball Machine" haben auf ewig einen Platz in meinem Herzen. Diese überspitze Darstellung ist mit Freunden eine lustige Abwechslung (dies schreibe ich mit dem guten Gewissen, dass diese Art von Gewaltdarstellung nicht ernst genommen werden kann und ich solche Ausschweifungen wie bei "Guinea Pig" oder dergleichen Torture Filmen nicht im wahren Leben für gut befinde).
"Mein Schulgeist Anako" und der damit verbundene Mangaka Iro Aida sind mir ein Begriff und ich werde diesem einmal offen entgegen sehen und die scheinbare Kombination von Horror und Comedy austesten.
Noch einmal vielen Dank für die mehr als ausführliche Antwort und ich bin mir sicher das ein oder andere für die warmen Sommerabende im Garten gefunden zu haben.