Shigatsu wa Kimi no Uso
Studio: A-1 Pictures
Genre: Drama, Musik, Romantik, Shounen, Shoujo
Episoden: 22
Premiere: 10.10.2014
Quelle: http://anibusters.com/shigatsu-wa-kimi-no-uso/
Studio: A-1 Pictures
Genre: Drama, Musik, Romantik, Shounen, Shoujo
Episoden: 22
Premiere: 10.10.2014
Quelle: http://anibusters.com/shigatsu-wa-kimi-no-uso/
Eine leidenschaftliche Pianistin, der ein Platz im Rampenlicht verwehrt blieb, zieht ihr Kind mit der Absicht auf, aus ihm einen weltberühmten Pianisten zu machen, um durch ihn ihren eigenen Traum zu verwirklichen. Ihre Obsession von dieser Idee treibt sie soweit, dass sie ihr Kind, Kōsei Arima, jegliche Freude am Klavier verliert und das Musizieren als eine leidvolle Qual empfindet. Doch das Kind kann nicht aufhören Klavier zu spielen, denn es denkt, wenn es den Wunsch seiner Mutter erfüllt und als einer der besten Pianisten der Welt Anerkennung findet, dann würde seine kranke Mutter, die im Rollstuhl sitzt und von medizinisch notwendigen Schläuchen durchbohrt ist, wieder gesund.
Natürlich erfüllt sich weder der Wunsch der Mutter, noch der des Kindes, denn jene erliegt ihrer Krankheit und das Kind bleibt alleine in dieser Welt zurück. Ohne einen Grund sich die Tortur des Pianos weiter anzutun, verliert Kōsei sein Gehört für das Klavier, zumindest wenn er es selber versucht zu spielen. Bei anderen funktioniert sein überaus sensibles und scharfes Gehör einwandfrei. Nur wenn er vor dem Piano sitzt, kann er die Musik nicht mehr hören.
Das ist die Prämisse von Shigatsu wa Kimi no Uso. Als die Geschichte dieses Animes einsetzt, ist Kōsei 14 Jahre jung und geht zur Schule. Er hat eine sehr gute Freundin namens Tsubaki, die er schon seit seiner Kindheit kennt und die, auch wenn sie es nicht immer so offen zeigt und manchmal zu Gewaltausbrüchen neigt, sich um ihren Freund sorgt. Also orchestriert sie ein Treffen zwischen Kōsei und der wilden, unabhängigen und leidenschaftlichen Violinistin Kaori. Diese ist das pure Gegenteil von Kōsei, denn sie strotzt vor Lebensfreude und ihre Leidenschaft für die (klassische) Musik brennt lichterloh. Sie lässt sich von niemandem sagen, was sie tun soll, ist nicht daran interessiert eine berühmte Musikerin zu werden, sondern spielt nur, damit ihre Musik die Menschen erreicht, die ihr zuhören.
Wenn man sich diese Grundstrucktur dieser Geschichte genau anschaut, dann fällt auf, dass man dieselbe Art von Geschichte schon oft bei anderen Animes gesehen hat. Ein depressiver und von einem dunklen Trauma geplagter Protagonist verliert seine Lebensfreude und kann nur von einem Mädchen gerettet werden, welches eine Persönlichkeit hat, die eine Persönlichkeit hat, welche der des Protagonisten entgegengesetzt ist. Shigatsu wa Kimi no Uso scheint genau die Art von typischer Shojo Geschichte erzählen zu wollen, verfrachtet sie aber in ein Setting, das in klassischer Musik verwurzelt ist. Doch auch dieses Setting ist nicht so originell, wie man vielleicht denken mag. Die ersten zwei Folgen vom Anime ähneln musikalischen Animes wie Nodame Centabile oder Sakamichi no Apollon.
Eine Ensemble von Hauptfiguren, die gängigen Anime-Stereotypen ähneln, verleihen dieser Show keinen Funken Originalität. Kōsei ist der schüchterne Typ, der nicht bemerkt, dass seine langjährige Kindheitsfreundin, ein weiteres beliebtes Klischee, sich in ihn verliebt hat. Er denkt sich natürlich, niemand könnte sich jemals in jemanden wie ihn verlieben. Besagte Kindheitsfreundin, Tatsuki, tut ihrem Freund so oft physische Gewalt an, dass längst eine Klage wegen Körperverletzung angebracht wäre. Doch natürlich hat sie auch ihre emotionalen Momente und tief im Inneren ihres Herzens mag sie ja Kōsei, liebt ihn wahrscheinlich sogar, und will ihm ja nur helfen. Dies qualifiziert sie zur Lehrbuch-Tsundere. Bei Kaori schien dem Autor, Mangaka Naoshi Arakawa, nichts Besseres einzufallen als eine zweite Tsundere aus ihr zu machen. Auch sie verprügelt bei ihrer ersten Begegnung mit dem Protagonisten den armen Jungen. Anlass für diese körperliche Zwangsanwendung ist ein Missverständnis, bei welchem der unschuldige Kōsei wie ein kranker Perverser dasteht (natürlich!).
Es scheint so, als ob Shigatsu wa Kimi no Uso tatsächlich eine Anime-Klischee Checkliste abarbeiten würde. Also kann man sagen, dieser Anime sei viel zu einfallslos, um seine Zeit darin zu investieren? Auf keinen Fall! Ja, es ist wahr, dass diese Show keine Genre Revolution wird, aber sie demonstriert uns, was ein Anime erreichen kann, wenn er seine Grundlangen gut umsetzt. Eine exzessive Verwendung von Klischee ist oft ein Zeichen von Faulheit und Fantasielosigkeit seitens eines Autors, doch wenn man einem gängigen Klischee genug Tiefe verleiht, dann kann diese Figur einen Zuschauer durchaus emotional berühren. Wieso werden so viele Klischees in Filmen, Serien und Animes überhaupt verwendet? Weil sie, sofern gut umgesetzt und mit der nötigen Liebe für Details, immer wieder Zuschauer begeistern. Klischees werden zu überhaupt zu Klischees, wenn sie ein gängiges Bedürfnis eines Zielpublikums befriedigen, was dazu führt, dass dieses Zielpublikum nicht genug von diesem Klischee kriegen kann.
Kōsei ist nicht einfach nur der schüchterne Typ, sondern seine Hintergrundgeschichte enthält eine gesunde Portion emotionaler Intensität und Drama, sodass Zuschauer durchaus für ihn Mitleid empfinden können. Tatsuki, auch wenn sie bisher nicht zu glänzen vermag, lockert mit ihrer Tsundere Persönlichkeit die intensiven Momente immer wieder auf, indem sie für Lacher sorgt, aber ihre Sorge um Kōsei wirkt authentisch und glaubhaft. Die Art, wie sie ihn dazu bringt nach drei Jahren ein Konzert zu besuchen, lässt einen wünschen, man hätte auch so eine Person in seinem eigenen Freundeskreis. Kaoris Selbstbewusstsein, Unabhängigkeit und Leidenschaft sind beneidenswert, auch wenn wir Charaktere wie sie schon öfters auf dem Bildschirm gesehen haben. Doch als man sie sieht, wie sie auf der Bühne steht und einem Virtuoso gleich in die Seiten ihrer Violine haut, dabei die Expertenjury zur Weissglut treibt und das Publikum begeistern, kann man als Zuschauer nicht anders, als sie zu bewundern.
Die Handlung von Shigatsu wa Kimi no Uso wird wohl zwei Hauptstränge verlogen. Der eine wird sich zweifelsfrei um die Beziehung der vier Hauptcharaktere drehen. Tatsuki ist höchstwahrscheinlich in Kōsei verliebt, der aber beginnt Gefühle für Kaori zu entwickeln. Doch diese ist vor allem an Watari interessiert zu sein, der ein guter Freund von Kōsei und Tatsuki ist. Watari hingegen tut so, als ob er ein Playboy wäre und hält sich mehrere Optionen offen. Also haben wir hier ein klassisches Liebesdreieck, womit wieder ein Punkt auf der Klischee Checkliste abgehackt wäre. Allerdings auch ein Liebesdreieck kann genug Drama und Emotionalität entfalten, wenn die Show die nötige Aufmerksamkeit für die Details hat.
Der zweite Handlungsstrang wird sich auf die musikalische Reinkarnation von Kōsei konzentrieren. Die Ambivalenz zwischen ihm und Kaori zeigt sich auch in ihrem musikalischen Stil. Kōsei war so erfolgreich in Japan, dass er auf nationaler Ebene bekannt ist. Er hat von seiner Mutter gelernt die grossen klassischen Komponisten perfekt zu kopieren und sein Lehrbuch-Stil hat ihn zu einem Liebling der Kritiker gemacht. Kaori hingegen stösst bei ihrem ersten Auftritt in Folge 2 alle Kritiker vor den Kopf, weil sie sich weigert die erste Violine von Bachs Kreutzer originalgetreu zu spielen. Sie verleiht ihrer Violine einen Individualismus, der ihr Wiedererkennungswert verleiht, aber keine Anerkennung seitens der Fachwelt, da dort lediglich das originalgetreue Nachspielen eines Stücks gewertet wird und nicht eine individuelle, künstlerische Leistung. Diese Dichotomie zwischen Kopie und Individualität, wird in jeder Kunstform geführt und ich bin gespannt, was der Anime daraus macht.
Die Animation der Serie gleicht einer Achterbahnfahrt, die zwar mehr Höhen als Tiefen hat, doch die Tiefen fallen teilweise tief ins Gewicht. In der ersten Folge gibt es nichts an der Animation auszusetzen, doch da wurden auch kaum Instrumente gespielt. Das grosse Leiden aller Musik Animes ist das Animieren von performativen Auftritten. Gerade das Spielen einer Violine oder eines Klaviers bedarf seitens der Zeichner eine Filigranität, die mit einem enormen Aufwand einhergeht, was wiederum aufs Budget einer Produktion schlägt. Bei der Animation einer spielenden Violinistin kommt ein weiteres Problem dazu. Kaum ein Musiker performt statisch oder still stehend. Dies bedeutet, dass der Körper einer spielenden Figur auch animiert werden muss, wobei die wilden und intensiven Bewegungen, die man bei einem Musiker oft beobachtet, trotzdem natürlich und authentisch wirken müssen.
Diese Probleme löst Shigatsu wa Kimi no Uso nicht immer elegant. Die Szene, in welcher Kaori die Violine spielt, ist m.E. nicht schlecht animiert, aber alle vorangehenden Musikerinnen und Musiker kriegen eine schmerzhafte Abfolge von teilweise sekundenlangen Standbildern, in denen nur Musik und Dialog zu hören, aber nichts zu sehen ist. Es wäre in der Tat sehr aufwändig auch diese Szenen mit der Detailverliebtheit zu animieren, wie sie Kaori erhalten hat, aber während zwei Minuten fast nur Standbilder zu bringen, ist eine Zumutung für die Geduld eines jeden Zuschauers.
Darüber hinaus gefällt mir der pastelartige Zeichenstil, der typisch für Shojo Serien ist, ausserordentlich gut und die Qualität der Produktion ist ansonsten eigentlich relativ hoch.
Der Soundtrack ist ebenfalls ganz gut. Er glänzt zwar in den ruhigen Momenten nicht immer, doch wenn Musik gespielt wird, haut er Liebhaber klassischer Musik aus den Socken. Dies liegt daran, dass hier nicht nur klassische Stücke 1:1 nachgespielt werden, sondern es finden sich auch brillante Eigenkompositionen im Soundtrack wieder.
Fazit
Shigatsu wa Kimi no Uso reiht sich in die Tradition vorangehender Musikanimes ein. Die Show versucht nicht viel Neues, steckt aber viel Liebe und Aufmerksamkeit in die Grundlagen ihrer Charaktere und Handlung. Ich konnte alle Figuren nachvollziehen und habe sie ziemlich schnell ins Herz geschlossen, obwohl mir klar war aus welcher Stereotypenecke sie kommen. Ich habe das Gefühl, die Serie ist sich bewusst, dass sie Stereotypen verwendet und wird deshalb eine gute Portion Charakterentwicklung und Drama aus dem Ärmel schütteln. Die Grundkonstellation zwischen den vier Hauptcharakteren und das angedeutete Liebesdreieck beinhalten viel Potential für gutes Beziehungsdrama. Die Handlung hat durchaus mein Interesse geweckt, auch wenn Kōseis selektive Pianotaubheit etwas weit hergeholt ist. Die Themen, welche die ersten zwei Folgen anschneiden verleihen der Serie eine gesunde Portion Tiefe und werden bestimmt Musikliebhaber bei Laune halten.
Shigatsu wa Kimi no Uso lässt sich aber nicht nur Musikerinnen und Musikern empfehlen. Auch Shojo Fans und Liebhaber von Beziehungsdrama werden bestimmt auf ihre Kosten kommen in dieser Show.
Ich traue diesem Anime zu, seine eigenen Klischees und Stereotypen zu überwinden und bin zuversichtlich, dass er zu einem Highlight dieser Staffel werden könnte, wenn er seine Karten richtig ausspielt.
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