Sidonia no Kishi S2
Bei der ersten Staffel habe ich noch das Gespühr für das Mysteriöse und das gekonnte Anteasern weiterer Geheimnisse gelobt, die einen neugierig machten, weiter zu schauen. Davon ist hier leider nichts mehr zu sehen. Nicht zu letzt deswegen, weil der penisförmige, sprechende Appendix eines domestizierten Gauna (die Aliengegener der Serie) ziemlich viel Bildfäche einnimmt.
Ernsthaft, ich frage mich, wie das bei Polygon Pictures abgelaufen ist...
Regisseur: Wir brauchen noch eine Möglichkeit, den freundlichen 50-Meter Gauna in die engen Gänge des Raumschiffs zu kriegen...
Charakterdesigner: Schau mal, ich habe einen riesigen Penis gezeichnet!
Regisseur: Perfekt!
Aber was ist noch schlimmer als schlechte Stilentscheidungen? Die erste Staffel schafft es, viel Interesse an der Handlung aufzubauen und Neugier zu wecken. Nach Ende der zweiten Staffel steht man aber immmer noch mit leeren Händen da, denn keine der wirklich wichtigen Fragen wird beantwortet. Es muss nicht immer alles aufgelöst und erklärt werden, das zeigen Shows wie Last Exile oder Sora no Woto. Aber wenn die Anziehungskraft einer Serie in der Spannung des Ungewissen liegt, dann ist es fatal, dieses Pfand am Ende nicht einzulösen.
Shirobako
Shirobako ist ein sehr unterhaltsamer Anime, der einem einen Einblick in die Produktion von Anime-Serien erlaubt. Natürlich muss man aufpassen, das nicht 1:1 auf die Wirklichkeit zu übertragen, und Themen wie die drastische Unterbezahlung der Künstler werden auch nicht thematisiert. Aber wenn man bedenkt, wie wenig über den Produktionsprozess berichtet wird, ist unvollständige Information immer noch besser als keine Information.
Besondere Erwähnung verdienen hier die Dreingaben: Die beiden Animes, deren Erstellung in Shirobako behandelt wurde, haben je eine OVA erhalten, sozusagen als Spin-off. Nachdem man da hinter die Kulissen geschaut hat, ist es ganz interessant zu sehen, wie das "fertige Produkt" aussähe. Durch diese Linse bekommt man einen Anime selten zu sehen, weswegen man sich das nicht entgehen lassen sollte.
Owari no Seraph
Sehr vielversprechend, da hier durchaus einiges an Worldbuilding betreiben wird. Dazu sind die Action-Sequenzen teilweise sehr gut choreographiert. Das einzige, was mir auf die Nerven geht, ist, dass ständig darüber debattiert wird, wer wessen "Familie" ist. Das wirkt äußerst gekünzelt und auch viel, viel zu dick aufgetragen.
Houkago no Pleiades
Weltraumhexen auf motorisierten Besen sammeln Bruchstücke des zerschollenen Raumschuffantriebs einer außerdimensionalen Rasse, die als Sternschnuppen um die Erde kreisen. Für Menschen bei Verstand ist das undenkbar, für Gainax hingegen eher konservativ. In der Regel besteht der Reiz einer Gainax-Serie aber auch nicht in der Prämisse, sondern der Umsetzung. Doch auch hier bewegt sich Houkago no Pleiades nur leicht über dem Durchschnitt. Unter'm Strich kann die Serie mit nichts glänzen und ist daher eher fad.
Tokimeki Memorial
Ich wusste gar nicht, dass verschwendete Zeit mittlerweile auch als Konzentrat angeboten wird. Aber muss wohl so sein, sonst bekäme man nicht so viel Verdruss in 24 Minuten gepresst.
Noein - To Your Other Self
Nichts ist älter als der Sci-Fi von gestern. Heutzutage kann sich jeder, so er denn will, mittels Wikipedia, Internet und Youtube binnen Tagen zum Quantenphysik-Lehrling aufplustern. Im Allgemeinen sind Leute heutzutage in solchen Fragen viel informierter als noch vor einem Jahrzehnt. Da mag man sich die Frage stellen: Was kann mir ein SciFi-Anime aus 2005 schon bieten?
Nun, die Frage ist nicht ganz unberechtigt, schließlich könnte man denken, ich rede von
Mars of Destruction. Aber das ist nicht der einzige SciFi-Anime aus diesem Jahr. Auch Noein kam da raus. Wie eingangs schon angedeutet wirkt das wissenschaftliche Fundament der Serie heutzutage etwas altbacken. Dass soll einen aber nicht weiter stören, schließlich kann man auch heute noch die alten Star Trek Streifen schauen ohne sich alle 3 Minuten zu fragen, was genau denn ein Photonentorpedo sein soll. Der Sci-Fi Rahmen bietet dabei nur ein Gerüst, um eine durchaus sehenswerte Geschichte zu erzählen. Über Kinder, die sich mit den Eltern streiten, die sie nicht verstehen. Über Kinder, die mit ihren erwachsenen Alter-Egos ringen. Über Erwachsene, die ihre alte Kindheitsliebe nicht aufgeben wollen. Man merkt es schon, der Cast von Noein liegt unter dem Durchschnitt gewöhnlicher Animes (und das will was heißen bei einem Medium, bei dem gefühlt 90% der Serien in der Schule spielen, vgl. Tokimeki Memorial). Gleichzeitig werden hier allerdings deutlich wichtigere Dinge thematisiert als die Frage, welchen Bikini man zum Strandausflug kaufen sollte. Noein scheut nicht davor zurück, die Probleme, mit denen die Truppe eher psychisch als physisch zu kämpfen hat, zu zeigen.
Als zusätzliches Schmankerl ist die Animation zeitweise Atemberaubend. Zeitweise ist hier das Stichwort, denn hierbei handelt es sich um einen Digipaint Anime. Nichtsdestotrotz sind einige Passagen so einfallsreich umgesetzt, dass man sie einfach mehrmals anschauen muss.